01.03.2023 | Compliance im Mittelstand: Mehr als Haftungsvermeidung.


Compliance ist ein Thema, welches zunehmend die Aufmerksamkeit kleinerer und mittlere Unternehmen erweckt. In großen Konzernen bereits länger in eigenen Abteilungen beheimatet, nimmt die Nachfrage aus der mittelständigen Wirtschaft zu dem Thema Compliance an Berater und Anwälte aktuell zu.

Compliance stammt aus dem angloamerikanischen Rechtskreis. Wer compliant ist, hält Gesetze, Regeln, Richtlinien, ethische und soziale Grundsätze und Nachhaltigkeitskriterien ein. Dies schafft, wer das Thema systematisch durch Errichtung eines wirksamen Compliance-Management-Systems (CMS) angeht. Es geht dabei nicht um 100prozentige Regeltreue, die nicht zu schaffen ist, sondern um Maßnahmen der Risikominimierung.

Worin begründet sich nun aber die gesteigerte Nachfrage und die neue Attraktivität von „Regetreue“ im Mittelstand. Nur ein weiterer angloamerikanischer Trend wie Coca-Cola, Blue Jeans, Rock ’n’ Roll, und Halloween der zu uns schwappt?

Erstes Ziel von Compliance - Maßnahmen ist die Vermeidung von monetärer Haftung, sprich finanziellen Nachteilen sowohl für die Organe persönlich (Geschäftsführung, Vorstand), als auch für die gesamte Organisation (Unternehmen).

Ein wirksames CMS ist aber auch abseits des Haftungsthemas attraktiv. Es führt zu Effizienzgewinn, Vorteilen in der Lieferkette und Imagegewinn. Darauf soll im Folgenden eingegangen werden.

Effizienzgewinn

Die Gründe für den Effizienzgewinn durch Compliance fußen alle in der zunehmenden regulatorischen Dichte, die europarechtlich angetrieben wird. Die einzuhaltenden Gesetze, Vorschriften und Regeln nehmen in jeder Branche zahlenmäßig zu. Nur ein paar Stichwörter: Lieferkettengesetz (deutsch und demnächst europäisch), Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), Hinweisgeberschutz, Maschinenverordnung, Nachweisgesetz, EU-Taxonomie, Transparenzregister, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), künftiges Verbandssanktionengesetz usw.

Eine Organisation, welche die Einhaltung von Regeln und die rasche Implementierung neuer Regeln in ihre Abläufe zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Kultur macht, gewinnt dadurch Vorsprung vor den Mitbewerbern, die Compliance nicht angehen. Wer pro aktiv Regeltreue herstellt, gewinnt an Effizienz im Vergleich zu demjenigen Mitbewerber, der abwartet und letztendlich nur auf Verstöße, Ordnungsgelder und behördlicher Anordnungen reagiert und versucht, diesen irgendwie zu entkommen.

Ist das Beachten von regulatorischen Anforderungen, Unternehmensregeln und Unternehmensgrundsätzen von vornherein zeitlich ausreichend budgetiert und systemisch in die Prozesse integriert, so gewinnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Sicherheit über die bestehenden gesetzlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen und können innerhalb dieses Rahmens frei und schnell agieren. Unklarheiten werden beseitigt. Es entstehen keine Reibungsverluste durch Verstöße und kein Zögern bei Arbeiten in unsicheren Grauzonen der Legalität.

Lieferketten

Ein weiterer bedeutender Vorteil abseits des Haftungsthemas entsteht für das mittelständische Unternehmen dadurch, dass man innerhalb der Lieferkette auf ein wirksames CMS, am besten mit Zertifizierung, verweisen kann. Konzerne werden zukünftig - durch Gesetze dazu angehalten - umfassendere Nachweise dafür verlangen, dass ihre Zulieferer Gesetze, Regeln und Standards einhalten. Es könnte künftig Voraussetzung für die Begründung einer Vertragsbeziehung im Zulieferbereich sein, dass der Zulieferer nachweist, compliant zu sein. Über Klauseln in den Lieferverträgen lassen sich die größeren Unternehmen bereits jetzt Zusagen für Compliance- Standards machen mit dem Recht der Auditierung. Die Tendenz ist steigend.

Dem damit einhergehenden Risiko, gleich einer Vielzahl verschiedener Compliance-Anforderungen mit Auditierungsrechten ausgesetzt zu werden, begegnet ein Unternehmen am besten mit einem eigenen System, am besten mit eigenen Zertifizierung. Nicht nur, dass dies der effizientere Weg ist und man die entsprechenden Vorgänge selbst in den Händen hält, hat man auf dem Markt damit auch einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern, die über kein (ausreichendes) CMS verfügen.

Imagegewinn

Regeltreue verfolgt keinen Selbstzweck. Die Regeln, die einzuhalten sind, schützen und unterstützen wichtige Anliegen, z. B. die Gesundheit des Personals und der Kunden, soziale Standards weltweit, Umweltschutz und Ressourcenschonung. Es liegt auf der Hand, dass ein Unternehmen, welches sich um soziale Standards und die Umwelt kümmert und vielleicht nicht nur die gesetzlichen Regelungen, sondern auch selbst gewählte höhere Standards einhält, einen guten Ruf hat. Die Generation, die heute Fridays for Future verkörpert und mit Aktionen auf die Zerstörung der Umwelt aufmerksam macht, wird morgen in Unternehmen arbeiten wollen, die sich ebenfalls diesen oder ähnlichen Zielen verschrieben haben. Sie werden Produkte nachfragen, die in Unternehmen produziert werden, die Menschenrechte achten, Umwelt- und Sozialstandards einhalten und Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Thema der Unternehmenspolitik gemacht haben.

Der für das Unternehmen damit verbundene Imagegewinn führt zu einer besseren Positionierung auf dem Markt und zu Vorsprung bei dem Wettbewerb um Personal und Kunden.

Selbstredend wird der Imagegewinn verstärkt, wenn die Compliance auch in der Außendarstellung einen bedeutenden Platz einnimmt.

Martin März
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